Blog Deutsch, Mama sein

Papa der (Super)Held, Mama der (Super)Arsch

(Vorsicht, dieser Text enthält Kraftausdrücke und grooooße Spuren von Sarkasmus, nur falls der ein oder andere denkt, ich bin akut Suizid gefährdet ;).

Es fühlt sich an als ob es gestern war, so gut kann ich mich noch an meine “Mama, wann werde ich endlich ein Junge”-Phase erinnern. Zum großen Leid meiner Mutter  hatten Barbies, Puppen, Ballett oder Rüschenkleidchen absolut keine Chance bei mir auf Gegenliebe zu stoßen – stattdessen schoss ich mit dem Fußball Löcher in Nachbarfenster, prügelte mich auf dem Pausenhof und hatte überwiegend Jungs mit einer coolen Autosammlung und komplettem He-Man Mobiliar zu Freunden.

Ob ich wohl damals schon (unterbewusst) wusste, dass das Leben als Mann einfach viel cooler, flockiger und unkomplizierter ist?

Denn es ist scheiss egal, was man(n) macht, er hat diesen gottverdammten  Männerbonus –  bei jedem – auf Lebzeit. Und schliesslich hat er es ja auch nicht leicht –  den ganzen Tag muss er arbeiten und sich dann noch uns Kind kümmern – und was macht eigentlich die (egoistische, unfähige, selbstgefällige, faule, undankbare, ungepflegte – sonst noch etwas?!?) Mutter den ganzen Tag, außer kaffeetrinkend und in Gesellschaft von 10 anderen Muttis mit zappelnden Finger über dem Baby zu glucken und sich über die Rezepte selbstgebackener Dinkelsalzstangen auszutauschen?

Ihr glaubt ich übertreibe? Na dann! Mal sehen ob ihr euch nicht zumindest in einigen der folgenden 10 Szenarien wiederfindet, und am Ende vielleicht doch meine Meinung teilt, dass letztenendes immer wieder die Mama der von allen Seiten gebashte (Super)Arsch ist, während der Papa erhobenen Hauptes durch die Gegend gockelt.

Szenario 1: Das Kind ist krank

Kein Problem  –  denn Mama a) ist entweder  eh “nur” Hausfrau und ohnehin den ganzen Tag zuhause, b) arbeitet in Teilzeit und kann da eh nix mehr reißen oder c) sie arbeitet (wie ich) im Moment  von zuhause und ein bisschen das Kind bespassen während man arbeitet, ist doch schliesslich nicht so schwer. Da hat der Arbeitgeber natürlich auch großes Verständnis für. Besonders schön ist wenn man eine Telefonkonferenz hat und sich im Vorfeld für den Geräuschpegel im Hintergrund entschuldigt – weil das Kind heute krankheitsbedingt zuhause bleiben musste – und dieses dann lauthals und quietschfidel im Hintergrund brüllt “Nein, ich bin nicht krank!” Gleiches Szenario spielte sich ab als ich der Familie gerade verkündet habe, dass wir Ostern aufgrund des kranken Kindes leider nicht kommen können – hach, immer wieder eine Freude, wie der absolute Volldepp zu versuchen diese Situation zu retten, um nicht für immer die Glaubwürdigkeit beim Gegenüber zu verlieren.

Szenario 2: (Familien)Terminorganisation

Da habe ich doch glatt den dreiundzwölfigsten U-Termin verpennt. Boah, da wurde ist erstmal angeranzt. Ist ja ok, war ja berechtigt. Geärgert habe ich mich trotzdem, vor allem über mich selbst, denn sowas ist mir echt noch nie passiert.   Beim kurz darauf folgenden Zahnarztbesuch kam dann aber der Ober-Hammer. “Ihr Mann hatte letzte Woche einen Termin und ist nicht gekommen, man (guckt mich dabei an!) hätte den Termin ja gerne mal absagen können.” Wuaaa, nee ist klar, Alte. Blaff mich an dafür. Ist natürlich meine Schuld, wenn der Mann nicht ordnungsgemäß hier aufschlägt, denn Mutti ist ja der Master  of the  (Familien)Terminkalendar.

Szenario 3: Mama macht Karriere

Uuuuiiii, wie selbstsüchtig ist das denn bitte? Ein Kind zur Welt bringen und das dann nach einem Jahr fremdbetreuen zu lassen, um wieder Vollzeit in den Job zurückzukehren. Geht ja mal überhaupt nicht klar. Und dann auch noch auf Geschäftsreise und der arme Mann muss eine Woche das Kind alleine hüten? Was habe ich mir nur dabei gedacht? Mit Anfang 30 hat man doch immerhin schon etliche Berufsjahre hinter sich und schon mindestens genauso lange gearbeitet  wie studiert. Und die Einzahlung ins Rentensystem ist doch eh überbewertet. Ab hintern Herd mit dir, und halt dem Mann gefälligst den Rücken frei, statt mit ihm darüber zu diskutieren, die Elternzeit aufzuteilen, du selbstsüchtige work bitch.

Szenario 4: Trotzanfall im Supermarkt

Immer wieder herzallerliebst, wie sich das Kind aller spätestens an der Kasse auf den Boden schmeißt, weil es das scheiss Überraschungsei nicht kriegt. Die Meinung der Leute geht da ja auseinander. “Bei uns hätt es so ein Aufstand ja nicht gegeben, da herrschte noch Zucht und Ordnung.” Wenn du dann aber Zucht und Ordnung walten lässt und dein Kind bestimmend am Arm hochziehst, läufst du Gefahr, dass dich die Übermutti an der anderen Kasse bis nach Hause stalkt, um dich beim Jugendamt zu melden. You (mummy) can’t win!

Szenario 5: (Nicht) Windelfrei

“Wie jetzt, er trägt immer noch Windeln?” Boaaaa, habe ich das gehasst. Meine Eltern sind in dieser Hinsicht Gott sei Dank recht entspannt und modern, aber mit meinen Omas hatte ich lange Zeit überhaupt keine Lust zu reden, denn jedes Mal kam diese Frage auf. Und dann kam wieder das Foto hervor. Ich, keine 6 Monate, konnte noch nichtmal sitzen aber hauptsache ich hänge, gestützt von allen Seiten, irgendwie überm Töpfchen. Mit meiner Schwiegermutter habe ich ja (in dieser Hinsicht – Gott sei Dank!) so meine sprachlichen Barrieren, aber auch in Ägypten trägt natürlich ein 3-jähriges Kind schon längst keine Windel mehr, wie mich Papa Habibi nach jedem Telefonat mit seiner Familie aufs Neue belehrt. “Nun mach was, Mutti, sonst wird er noch in Windel eingeschult!”

Szenario 6: Schoki vorm Essen

Gibt es einfach nicht, Punkt. Zumindest bei Mama und Mama ist “tuka!” (Troublemaker Sprache für doof, nervt und scheisse). Aber Papa, “der ist toll”. Denn er würd mich auch das ganze Nutellaglas und ne Tüte Chips leer fressen lassen, 5 Minuten bevor wir essen. Und da Mama ja eh nicht kochen kann, ist doch auch nichts so schlimm daran, dass das Kind eben schon vor dem Essen ein paar “Nährstoffe” zu sich nimmt.

Szenario 7: Die Familie geht aus

Ob es nun ist, dass wir irgendwo eingeladen sind oder es einfach nur um einen ganz normalen Wochenendausflug zu viert geht. Fakt ist, der Mann sieht aus wie aus dem Ei gepellt (nachdem er zuvor gefühlte 3 Stunden im Bad verschwunden ist) und die Mutti ist froh, wenn sie sich  schnell ne Klamotte überschmeisst, die nicht nach Milchkotze riecht oder mit Karottenflecken verziert ist. Gar nicht so einfach, wenn einem lediglich 5 Minuten bleiben um sich sich selbst zu widmen, da sich das Baby inzwischen schon 3 mal wieder bis zum Nacken vollgekackt hat und das Kleinkind schon fünfmal wieder die Klamotten ausgezogen hat, weil es viel lieber nur mit Batmanunterhose bekleidet bei -5 Grad nach draussen gehen möchte. 

Szenario 8: Schwanger und Goodbye!

Der (unausgesprochene) Klassiker! Keiner spricht es aus, aber alle wissen bescheid, denn ab jetzt bist du zumindest mal gedanklich raus. In der Schwangerschaft gibts ja eh immer Komplikationen, dann Mutterschutz, Elternzeit und unflexibel für die nächsten 10 Jahre, mindestens. Bye bye Mutti (in spé), es war schön mit dir!

Szenario 9: Der Spielplatz  als (Mommy)-Mobbing Schauplatz

Was in der virtuellen Welt das Elternforum ist, ist in der realen Welt der Spielplatz – ein wahrer Schauplatz fürs Mobbing – spätestens jetzt seid ihr in der Mutti Reality angekommen.  “Oh Gott, du hast Leibniz Butterkekse dabei? Weisst du eigentlich wieviel Zucker da drin ist?” Wenn ihr Freunde machen wollt, kommt mit frisch geschnittenen Bio-Äpfeln und Hirsekringeln – auf dass euch so ein verheerender Faux-pas wie mir mit den mit Sacchariden vergifteten Keksen blooooss nicht passiert. Und vergesst nicht in regelmäßigen Abständen mit ermahnendem Blick “Man darf nicht mit Sand schmeissen” und “Gibst du ihr jetzt bitte die Schaufel, man muss auch teilen” in Richtung deines Kindes zu rufen. Letztendlich rettet dich der richtige Kondukt trotzdem nicht vor dem Stempel, mit dem nun mal jede Mutti wieder nach hause geht. Aber wenn dann ein Papa mit Kind daher kommt, hörst du sie alle soooo “Oaaaaaaarrrr – das ist ja so toll, wie sich der Vater um sein Kind kümmert”. Sein Stempel des heutigen Tages ist der des weltbesten Papas – und was hat er gemacht? Richtig, nichts anderes als das was wir jeden Tag machen – unser Kind bespassen!

Szenario 10: Maternal Gatekeeping

Ist das nicht ein schöner Begriff, der da zur Zeit durch Medien, Literatur und Foren kursiert? Maternal Gatekeeping! Bedeutet vereinfacht umschrieben so viel, wie “Der Mann möchte ja helfen, aber er darf nicht”. Denn in den Augen der Frau macht er alles falsch – der Arme – und da macht sie es doch gleich lieber selbst – die Furie. Und eigentlich definiert sie sich auch über die Rolle der (unersetzbaren) Bezugsperson und bepieselt deshalb ihr Territorium, in welches (erst recht) dem Papa kein Eintritt gewährt wird.

Ich werde mich in einem der nächsten Texte mal genauer mit diesem Phänomen auseinander setzen und vielleicht mal die ein oder andere  selbstkritische Mutti-Meinung dazu einholen. Aber eines ist ja auch hier im Vorfeld schon klar:

“Papa ist – mal wieder – der (Super-)Held und Mama – mal wieder – der (Super-)Arsch.

Und, was sagt der Rest der Muttiwelt nun – Stimmts oder habe ich recht mit meiner These? Oder hat es euer Mann etwa geschafft die Bezeichnung “Rabenvater” (die ich noch nie gehört habe!) in den Duden zu bringen?  Lasst mal hören, eure Szenarien!

 

 

4 thoughts on “Papa der (Super)Held, Mama der (Super)Arsch”

  1. Dazu gäbe es viel, viel zu antworten … doch nur soviel: Wenn Mama von der Arbeit nach Hause kommt, dann ist sie die Heldin und der teilzeitselbständige Papa der wenn auch jeden Tag bekochende, so dennoch böse, strenge Hausaufgabenüberwacher … bg

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  2. Ein Blogbeitrag, der es einfach auf den Punkt bringt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sobald die Nabelschnur durchtrennt wurde, irgendein unausgesprochener gesellschaftlicher Auftrag beginnt, der die Frau hinter der Mutter für mindestens 18 Jahre unsichtbar macht. Nach der Trennung vom Vater des Kindes hab ich dem Phänomen des Wochenendvaters gleich den Riegel vorgeschoben. Mein Ex betreut die Kinder entweder freitags und samstags oder sonntags und montags. Dadurch bin ich nicht die einzige, die auf das Machen der Hausaufgaben oder anderer lästigen Pflichten besteht.

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